Sehr geehrte Frau Ouliou, mittlerweile haben Sie schon an mehreren Expertenrunden von New Spanisch Books Deutschland teilgenommen und durften das Angebot spanischer Kinder- und Jugendbücher kennenlernen. Wie bewerten Sie die Kinder- und Jugendbücher? Bitte zeigen Sie uns die Merkmale auf, die Sie als charakteristisch empfinden und sagen Sie uns Ihre Meinung über dieses konkrete Genre des spanischen Verlagsangebots.
Bei den Sitzungen von New Spanish Books hatte ich die Gelegenheit, tolle neue spanische Bücher kennenzulernen, die ich vorher nicht gekannt habe. So haben wir zum Beispiel in diesem Jahr das Buch Mía se hace mayor in der Auswahl gehabt und in die Endauswahl haben es La familia de la vajilla impar oder Después del huracán geschafft. Alle sehr vielversprechende Titel, wie ich finde.
Aber ich treffe hier in der Runde auch auf Bücher, die mir selbst schon positiv aufgefallen sind. Letztes Jahr wurde etwa das Buch „De qué color es un beso?“ eingeschickt und ich war total begeistert, weil ich das auch schon auf der LIBER in Madrid gesehen und direkt eingekauft hatte. Dieses Buch ist tatsächlich auch schon in mehrere Sprachen übersetzt worden.
Dennoch fällt mir auf, dass ein Großteil der eingesendeten Kinderbücher, und insbesondere der Bilderbücher, doch sehr speziell sind: sehr eigensinnige Illustrationen, die nicht unbedingt kompatibel sind für ein breites Publikum. Dann sind auch die Texte häufig sehr poetisch, oft auch darum bemüht, eine Botschaft zu vermitteln. Ich muss sagen, es fehlt mir manchmal die Leichtigkeit bei den hier angebotenen Bücher, das etwas kommerziellere. Davon würde ich mir mehr wünschen.
Was sind Ihrer Meinung nach die größten kulturellen Unterschiede zwischen einem herausgegebenen Kinderbuch aus Spanien und dem aus Deutschland?
In Bezug auf die Themen sehe ich keine großartigen Unterschiede. Ob spanische oder deutsche Kinderbücher, bestimmte typische Themen finden sich überall wieder - Freundschaft, Schule, Fussball, Pferde, Zauberer oder die erste Liebe … . Sicherlich erkennt man hier und da Unterschiede in der Darstellung der spanischen Familie, ihres Umfelds und ihres Alltagslebens oder in der Beziehung von Enkeln und Großeltern. Aber das ist ja irgendwo auch klar, dass sich die kulturellen Unterschiede, die es zwischen Deutschland und Spanien hierbei gibt, auch in den Büchern wiederspiegeln.
Ich bemerke jedoch einen anderen Unterschied, den ich viel interessanter finde. Oftmals kommen mir spanische Kinderbücher „erwachsener“ vor, wenn ich das so sagen darf. Ich habe manchmal den Eindruck, dass man in Spanien den Kindern auch schwierigere Themen, poetische Texte und experimentellere Illustrationen schon früh zutraut.
Aufgrund der Einfachheit der idiomatischen Sprache bei den Kindern- und Jugendbüchern liegt es auf der Hand, dass es sich nicht um eine Problematik in der Übersetzung handelt. Was sind die größten Schwierigkeiten und Hindernisse beim Erwerb von Exklusivrechten und der darauffolgenden Übersetzung der Kinder- und Jugendbücher in die deutsche Sprache?
Ich glaube schon, dass es spanische Kinderbücher nicht leicht haben auf dem deutschen Markt. Zum einen sind da die starken Märkte der englischsprachigen, französischen oder skandinavischen Kinderbücher und zum anderen muss man sagen, dass der eigene deutsche Kinderbuchmarkt natürlich auch ein hohes Qualitätsniveau aufweist. Sich also gegen all diese Konkurrenz durchzusetzen, ist nicht leicht. Doch ich bin letztendlich als Buchhändlerin auch nicht in diesen Prozessen involviert und kann dazu auch nur begrenzt etwas sagen.
Ich denke, es hat sich in den letzten Jahren viel getan auf dem spanischen Kinderbuchmarkt und das muss sich erstmal herum sprechen.
Kennen Sie ein Kinder- oder Jugendbuch spanischer Herkunft, das mit Erfolg in die deutsche Sprache übersetzt wurde?
Da fällt mir leider nicht viel ein. Das Einzige wäre Das Farbenmonster von Anna Llenas, was mir da in den Sinn kommt.
Welche Tipps würden Sie einem spanischen Verlag für Kinderbücher geben, um die Übersetzung ins Deutsche zu vereinfachen? Neben der Teilnahme auf der Internationalen Kinderbuchmesse in Bologna, kennen Sie weitere Fördermöglichkeiten für spanische Kinderbücher?
Zu weiteren Fördermöglichkeiten kann ich leider nicht viel sagen, hier müsste man wohl eher mit einem Verlagsmenschen sprechen.
Ich möchte jedoch an dieser Stelle nochmal an meine Antwort zur ersten Frage anknüpfen. Ich denke, bei der Auswahl der Bilderbücher könnte es etwas mehr Humor, weniger ernsthafte Themen und fröhlichere, weniger abstrakte Illustrationen gebrauchen. Ich muss immer wieder feststellen, dass ich selbst ganz andere Bücher in die Expertenrunde eingebracht hätte, als die, die uns eingereicht werden. Vielleicht lohnt es sich hier, schon frühzeitig den Austausch mit Partnern aus Deutschland zu verfolgen, um später eine bessere Auswahl ins Rennen zu schicken. Wenn man sich also auf Messen wie der Liber trifft, dann ist das doch eine wunderbare Gelegenheit, hier schon einmal potentielle Bücher genauer unter die Lupe nehmen zu lassen und eine erste Meinung einzuholen.
Was die Jugendbücher betrifft, so haben sich in den bisherigen Expertenrunden, an denen ich teilgenommen habe, immer die Bücher durchgesetzt, die nicht spezifisch spanisch sind, sondern von der Thematik und den Charakteren her universell angelegt sind. Kriterien wie eine leichte Unterhaltung, das Anknüpfen an einen Trend oder auch die Handschrift eines erfolgreichen Autors können dazu beitragen, den Weg in die Übersetzung zu vereinfachen.
Im Bereich des Kindersachbuchs und der Erstleser könnte in Zukunft gerne mehr eingeschickt werden. Hierzu haben wir kaum Angebote gehabt. Und gerade was die Lektüre für 7- bis 10-Jährige betrifft, würde ich mir viel mehr Abwechslung auf dem deutschen Markt wünschen. Und da gibt es auf dem spanischen Markt durchaus tolle Kandidaten. Eine meiner Lieblingsreihen ist da zum Beispiel „Los cuadernos de Violeta“ von Pepe Maestro, die bei Edelvives erschienen ist.
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