Kinderbuchautorin Gabriela Keselman
Gabriela Keselman (geb. 1953 in Buenos Aires) lebt abwechselnd in Argentinien und in Spanien. Sie hat Vorschulkinder unterrichtet, Kreativ-Workshops für Kinder organisiert, als Redakteurin für eine Elternzeitschrift gearbeitet und mittlerweile schon über 50 Kinderbücher veröffentlicht. Erstmals sind einige Titel nun auch auf Deutsch erhältlich: Es handelt sich dabei um die Serie „Morris“ des spanischen Verlags SM, die in Deutschland unter dem Titel „Waschbär Walter“ bei Baumhaus erscheint. Die ersten zwei Bände sind bereits veröffentlicht, Band drei erscheint im Juni 2012, weitere werden folgen.
Frau Keselman, wie kamen Sie dazu, Kinderbücher zu schreiben?
Für mich gibt es kein besseres, reicheres und kreativeres Universum als das der Kindheit. Deshalb habe ich mich in meinem Berufsleben auch auf so viele seiner Pfade begeben, bis ich schließlich den Weg der Wörter, der Geschichten gefunden habe. Ich hatte das Gefühl, viel zu sagen zu haben, und habe angefangen, Bücher für Kinder zu veröffentlichen. Irgendwie haben mich die Bücher, die ich geschrieben habe, geformt. Und sie formen mich immer noch.
Sie haben insgesamt über 50 Kinderbücher geschrieben. Verfolgen Sie mit Ihren Büchern bewusst ein didaktisches Anliegen oder schreiben Sie hauptsächlich zum eigenen und zum Vergnügen der Kinder?
Ein didaktisches oder erzieherisches Anliegen habe ich nicht. Allerdings denke ich, dass in meinen Büchern Werte vorkommen, die in der Kindererziehung eine wichtige Rolle spielen: das Spiel, der Humor, die Kreativität, die Freundschaft, die Zuneigung, die Begeisterung und die Reflexion.
Welches sind die zentralen Themen Ihrer Bücher?
Im Mittelpunkt meiner Geschichten stehen die Gefühle. Ich habe viel über die gefühlsmäßigen Bande zwischen Eltern und Kindern geschrieben, ein zentrales Thema für mich. Und ich behandle kindliche Konflikte, schwerwiegende und vermeintlich nichtige (für die Kinder selbst aber bedeutende) und zeige Wege zur Lösung bzw. Besserung auf. Natürlich immer auf humorvolle, sanfte Art und Weise.
Bei Baumhaus erscheinen unter dem Titel „Waschbär Walter“ jetzt Ihre Morris-Geschichten, die von der Jury von „New Spanish Books“ zur Übersetzung empfohlen worden sind. Wovon handeln diese Geschichten?
Morris – in der deutschen Übersetzung heißt er Waschbär Walter – ist ein Waschbär, der mit seinen Eltern und seinem kleinen Bruder (einem äußerst liebenswerten Kerl) umgeben von Freunden im Wald lebt. Er ist allerdings kein gewöhnlicher Waschbär, er ist ein Held. Immer wird er mitten im Schnarchen geweckt, um wieder einmal eine Heldentat zu vollbringen. Eine Heldentat, mit der er seinen Freunden hilft, die allersimpelsten und kniffligsten Probleme zu lösen. Für seine „Arbeit“ lässt sich Morris mit Schokolade bezahlen. In den ersten beiden Büchern, die ins Deutsche übersetzt wurden, hilft Morris seinem Bären-Freund, eine Bärin, die diesem gefällt, einzuladen, und er findet für den Fuchs, den keiner mag, weil er früher böse und hinterlistig war, einen Freund. Der Clou ist, dass Morris die Konflikte immer mit der Hilfe seiner Freunde löst. Irgendwie sind sie somit alle Helden…
Was lieben die Kinder an diesen Geschichten?
Der Verlag Ediciones SM hat neun Bände mit Morris-Geschichten und zwei Morris-Sonderausgaben veröffentlicht. Morris hat inzwischen sogar eine E-Mail-Adresse. Ich erhalte dort ein regelmäßiges Feedback von Kindern, die die Geschichten lesen, und ich beantworte jede einzelne Mail. So erfahre ich, dass die Kinder Morris, seinen Bruder und die ganze Freundesclique mögen. Sie vertrauen Morris, erzählen ihm z.B. „dein Rezept gegen Langeweile hat funktioniert“, bitten ihn um Hilfe: „Verjag‘ doch bitte meinen Räuber-Albtraum“, oder sie sagen ihm, wie sehr sie ihn bewundern – und laden ihn zu einem Stück Schokoladenkuchen ein!
Die Geschichten helfen den Kindern auch, über gewisse Probleme lachen zu können, und regen ihre Kreativität auf der Suche nach Lösungsmöglichkeiten an. Morris‘ Gedanken sind schlicht und originell, aber man merkt, dass es für ihn wichtig ist, sich Gedanken zu machen. Er ist ein netter Bruder, aber manchmal ärgert er sich auch über den kleinen Bruder. Er ist mutig, aber manchmal hat er Angst. Er ist ein Held, aber er braucht den Rat und die Hilfe seiner Freunde. Er ist nicht perfekt. Er ist eben wie ein Kind.
Toll finden die Kinder übrigens auch die Illustrationen von Maxi Luchini.
Wie sind Sie auf die Idee zu der Serie gekommen?
Ich hatte mehrere voneinander unabhängige Ideen, die aber irgendwie zusammenpassten, und so habe ich allmählich das Handlungsgefüge für die Buchreihe konstruiert. Eine Handlung, die mit jedem Buch erweitert wurde, die durch jeden zu lösenden „Fall“ bereichert wurde; die ersten Figuren haben an Profil gewonnen und sich weiterentwickelt. Beim Schreiben eines Buches für die Reihe habe ich immer das Gefühl, mit meinen Figuren im Wald zu leben, ich begebe mich in eine vergnügliche Welt, in der ich mich nie einsam fühle.
Hatten Sie selbst eine schöne Kindheit? Und haben Sie auch selber gerne gelesen und viele Geschichten erzählt bekommen?
Als Kind hatte ich viele Bücher. Sie dienten mir als Festung, als Zufluchtsort, wo ich mir meine eigene Welt erschuf, gleichzeitig dienten sie mir aber auch als Fenster, um in eine Phantasiewelt zu flüchten. Als ich älter wurde, entdeckte ich dann die Wörter, um Bücher zu schreiben, die anderen Kindern auf dem Weg durch die Kindheit helfen, sie unterhalten und begleiten, trösten und verstehen.
Haben Sie eine Idee, wie man Kinder, die nicht gerne lesen, für das Lesen gewinnen kann?
Es motiviert, wenn man die eigenen Eltern lesen sieht. Wichtig ist meiner Meinung nach auch, dass Eltern das Leseerlebnis mit den Kindern teilen, dass sie gemeinsam lesen, ihnen Geschichten erzählen, Buchhandlungen oder Büchermärkte besuchen. Der Schlüssel liegt, glaube ich, darin, dazu beizutragen, dass Kinder sich mit Büchern umgeben und diese lieben lernen, ohne dass man sie zum Lesen drängt oder zwingt. Lesen muss ein Vergnügen und darf keine Pflicht sein.
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