Ojos de medianoche: Los seres sin sombra
Autor: Daniel Hernández Chambers
Verlag: Edelvives, Grupo Editorial Luis Vives, Saragossa, 2019, 152 S.
Genre: Fantasy-Jugendroman, Teil I einer Trilogie
Gutachterin: Kirsten Brandt
Daniel Hernández Chambers (Teneriffa, 1972) ist Autor zahlreicher Kinder- und Jugendbücher. Los seres sin sombra ist der erste Teil der Fantasy-Trilogie Ojos de Medianoche für Leser ab zehn.
In dem Roman erzählt der dreizehnjährige Crey von seinen Abenteuern in einem Fantasyreich, das von der Pest befallen ist und von Zauberern bedroht wird, die sich am Herrscher des Landes für ihre Vertreibung rächen wollen. Als Prinzessin Selima, in die sich Crey verliebt hat, von einem dieser Zauberer mit einem tödlichen Fluch belegt wird, macht sich Crey auf die Suche nach einem Gegenzauber. Am Ende des ersten Bandes tötet er zwar den Zauberer und rettet dadurch die Prinzessin, hat sich aber selbst mit der Pest infiziert.
Seit die Eltern des dreizehnjährigen Crey an der Pest starben, lebt er bei seinem Onkel in einem Tal, das von einem Herrscher namens Willem de Orcans regiert wird. Da die Pest noch immer im Land wütet, hat Willem das Tal abriegeln lassen; niemand darf hinein, wer das Tal verlässt, kann nicht mehr zurück. Der Onkel ist streng, aber nicht unfreundlich, und Crey verlebt eine recht unbeschwerte Jugend, bis ihm eines Tages ein Mann auffällt, der keinen Schatten wirft. In der Folge versucht er mit zwei Freunden, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen; dabei entdecken sie noch weitere Menschen ohne Schatten, und schließlich gesteht ein geistig behindertes Mädchen, dass es seinen Schatten an einen Zauberer verkauft habe, ohne jedoch mehr sagen zu können.
Das sorgt für große Aufregung, weil der Vater des jetzigen Herrschers einst alle Zauberer vertreiben ließ, nachdem sein jüngerer Sohn durch die Unachtsamkeit eines Magiers ums Leben kam. Jetzt fürchten alle die Rache der Zauberer.
Als Willem de Orcans in der Hauptstadt einen Krisenstab einberuft, erweist sich Creys Onkel zum Erstaunen des Jungen als persönlicher Freund des Herrschers. Die beiden ziehen in den Palast, wo Crey die eigenwillige, aber sympathische Prinzessin Selima kennenlernt. Bald taucht eine Botschaft auf, in der ein gewisser Won Talkyan „Rache im Namen der Toten“ fordert, und so erfahren Crey und Selima, dass Selimas Vater auch aus einem anderen Grund die Rache der Zauberer fürchtet: Der mächtigste von ihnen, Won Talkyan, hatte sich nach seiner Vertreibung mit Willems Feinden, den Bruderkönigen des Nordens, verbündet, die dem Nachbarland den Krieg erklärten. Dank Wons Zauberkraft schien der Krieg für Willem verloren, bis er auf die Idee kam, die Söhne seiner Feinde zu entführen und sie als Geiseln gegen einen Waffenstillstand einzutauschen. Doch die Prinzen kamen versehentlich ums Leben. Bei der anschließenden, entscheidenden Schlacht gewannen zwar Willems Truppen, und der Zauberer fiel, doch nun scheint irgendjemand in Wons Namen den Tod der Jungen rächen zu wollen.
Wenige Tage später – Crey und Selima haben sich gerade ihre Liebe gestanden und zum ersten Mal geküsst – dringt jemand in den Palast ein und raubt Selimas Schatten. Es stellt sich heraus, dass man seinen Schatten zwar verkaufen kann und dem Magier damit die Möglichkeit gibt, seine Gestalt anzunehmen; wird einem der Schatten aber geraubt, stirbt man einen langsamen Tod.
Um Selima zu retten, macht sich Crey auf die Suche nach dem einzigen Zauberer, der mächtig genug sein könnte, dem neuen Won Talkyan die Stirn zu bieten, einem Mann namens Nalvia. Er verlässt das Tal, obwohl er weiß, dass er nicht mehr zurückkehren kann.
Unterwegs meidet er die vielen Pestkranken, denen er begegnet, bis er von Straßenräubern überfallen wird. Am nächsten Tag stellt er zu seinem Entsetzen fest, dass er sich infiziert hat, trifft jedoch eine alte Frau, die sich als Zauberin erweist und ihm helfen will. Von ihr erfährt er, dass Nalvia ein Halbbruder Won Talkyans war und sich jetzt für ihn ausgibt. Crey kann Selima nur retten, indem er Nalvia tötet. Die Zauberin stattet sein Schwert mit besonderen Kräften aus; seine Pesterkrankung kann sie nicht heilen, aber so weit verlangsamen, dass Crey erst in ein paar Jahren daran sterben wird.
Als Nalvia und Crey sich im Zweikampf gegenübertreten, kann Crey anfangs kaum gegen den Magier kämpfen, da dieser die Gestalt seines besten Freundes angenommen hat (der ihm offenbar seinen Schatten verkauft hat); am Ende aber tötet er den Zauberer. Damit ist der Fluch gebannt und Selima gerettet. Crey aber, der mit der Pest infiziert ist, ist zu einem Leben in Einsamkeit verdammt.
Los seres sin sombra bietet alles, was ein erfolgreicher Fantasyroman braucht: einen sympathischen, aber nicht perfekten Helden, mit dem sich die Leser identifizieren können, jede Menge Spannung, interessante Konflikte ohne einfache Lösung, eine Prise jugendgerechte Romantik und ein mittelalterähnliches Ambiente, in dem (fast) alles stimmt. Ein kleiner Minuspunkt ist die Schlampigkeit, mit der der Herrscher mal als „Willen“ und mal als „Willem“ bezeichnet wird; abgesehen davon sind mir im Setting aber keinerlei Unstimmigkeiten aufgefallen.
Hernández Chambers erfindet das Rad nicht neu und benutzt die genreüblichen Versatzstücke, aber er macht das so gut und mit so viel Charme, dass man den Roman wirklich gerne liest. Atmosphäre und Tonfall haben etwas angenehm Märchenhaftes, und wie im Märchen weiß man, dass der Held sich in die Prinzessin verlieben wird, sobald die beiden einander begegnen, und ahnt, dass er bald darauf ausziehen wird, um sie zu retten.
Trotzdem ist das Ganze keineswegs naiv, und bis zum Ende des ersten Bandes bleibt offen, ob Gut und Böse tatsächlich so verteilt sind, wie es anfangs den Anschein hatte. Auch der Zweikampf, in dem Crey den bösen Magier in Gestalt seines besten Freundes töten muss, ist komplexer und spannender als in vielen vergleichbaren Romanen, und das Schicksal des Jungen, der zwar seine Geliebte gerettet hat, aber dafür den Preis des Ausgestoßenseins bezahlt, berührt die jugendlichen Leser sicherlich und macht Lust auf den zweiten Band.
Die Trilogie empfiehlt sich auf jeden Fall für eine mögliche Übersetzung ins Deutsche - vorausgesetzt, die beiden Folgebände halten, was Band 1 verspricht. Ohne etwas ganz Außergewöhnliches zu sein, ist sie deutlich mehr als Dutzendware. Auch die klassischen, aber nach meinem Empfinden sehr gelungenen, stimmungsvollen Bleistiftzeichnungen der Originalausgabe sollte man beibehalten.
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