Arde Cuba (Kuba brennt)
Autor: Agustín Ferrer Casas
Verlag: Grafito Editorial, 2017, 136 Seiten
Genre: Graphic Novel
Gutachter: Jan Surmann
Die Graphic Novel Arde Cuba des nordspanischen Autors Agustín Ferrer Casas begleitet den Lesenden nach Cuba in die packenden und aufgeladenen Tage des Jahres 1958, die bestimmt waren von den revolutionären Wirren der Aufständischen um Fidel Castro, gleichzeitig aber noch wie ein Spiegelbild vergangener Tage den Lebenswandel des überkommenden Regimes offenbarten. Agustín Ferrer Casas verführt uns in eine Welt, die sich teils aus fiktionalen und teils auch historischen Persönlichkeiten und Ereignissen speist. So regt er die Fantasie und den Wissensdurst der Lesenden auf eine sehr packende Weise an, immer wissend, dass sich diese Geschichte tatsächlich auch so abgespielt haben könnte. Es sind wenige Tage auf der karibischen Insel, die das Buch porträtiert, die aber dennoch wie durch ein Brennglas die gesellschaftlichen Wirren und Interessensträger deutlich werden lassen.
Der Autor dieser Graphic Novel, Agustín Ferrer Casas wurde im Jahr 1971 im nordspanischen Pamplona geboren. Nach eigenen Angaben interessierte er sich seit frühester Kindheit für das Zeichnen und Malen. Aber erst als er mit Anfang 20 an einem Comic-Wettbewerb teilnahm und auf Anhieb den ersten Platz belegte und sich dies kurze Zeit später in einem weiteren Wettbewerb wiederholte, wurde diese künstlerische Berufung zu einer regelmäßigen Betätigung, auch wenn Ferrer Casas seine Dozententätigkeit an der Universidad de Navarra und seine Tätigkeit als Zeichner für Architektenbüros erst einmal nicht aufgab. Erst im Alter von 40 Jahren (laut Ferrer Casas in voller Midlife-Krise) entschloss er sich, sich ganz den Graphic Novels zu widmen. Dies führte zu einer waren produktiven Flut an Veröffentlichungen, die er teils allein, teils aber auch in Kooperation mit anderen Autoren vorlegte.
Das Buch Arde Cuba ist in erster Auflage 2016 in Valencia im Verlag Grafito Editorial erschienen, bereits ein Jahr später wurde eine weitere Auflage herausgebracht. Im Jahr 2018 hat Arde Cuba den Premio José Sanchís als beste spanische Graphic Novel gewonnen. Der Erfolg dieser Graphic Novel in Spanien lässt sich zweifellos auf die aufgebaute Spannung, die sich wie ein roter Faden durch das gesamte Werk zieht, zurückführen. Den Leser drängt es von Seite zu Seite, die Entwicklung des Plots weiter mitzubekommen. Ausgangspunkt und im Mittelpunkt stehend sind zwei Nordamerikaner, die per Segelschiff von Florida nach Cuba übersetzten. Einer der beiden, der Bootseigner, ist der auf wahren Begebenheiten basierende Filmschauspieler Errol Flynn, der sich tatsächlich während der Revolution auf Cuba aufhielt und zu einem Sympathisanten der revolutionären Entwicklung wurde. Begleitet wird dieser in Arde Cuba vom Fotografen Frank Spellman, bekannt für seine Aufnahmen, mit denen er gesellschaftspolitisch Stellung bezieht. So begleitete er die Truppen der republikanischen Kräfte im spanischen Bürgerkrieg und später die Alliierten im Zweiten Weltkrieg und dokumentierte unter anderem die Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald. Doch auf dieser Reise wurde Spellman über den wahren Grund im unklaren gehalten: Dachte dieser, es ginge um einen neuen Film, so plante Errol Flynn in Wirklichkeit ein Interview mit Fidel Castro in der Sierra Maestra, das von Spellman dokumentiert werden sollte. Doch im Buch kommt es gar nicht zu diesem Interview. Denn allein dieser Zweck der Reise führt die beiden Männer in verschiedenste gefährliche Situationen, die die gesellschaftlichen Konstellationen und Interessensbekundungen in dieser aufgewühlten Zeit trefflich dokumentieren. So sind auf der einen Seite Anhänger des alten Regimes von Batista, eine Mischung aus gewieften Geschäftsmännern und einer halbseidenen Unterwelt, die der Mafia zuzuordnen ist. Gleichzeitig die USA, vertreten in dem Buch durch die CIA und die Botschaft, die ebenso wie führende Konzerne wie die United Fruit Company langsam von Batista abweichen und versuchen, über Errol Flynn und seinen Kontakt zu Fidel Castro diesen zu einer Kooperation zu bewegen. Unterlegt sind diese Erzählungen mit eindrucksvollen Bildern aus dem vorrevolutionären Havanna, das sich ganz den Interessen der hauptsächlich nordamerikanischen Touristen und Geschäftsleuten unterworfen hat. Die Stimmung in der Hauptstadt ist bestimmt von dem Gefühl, dass sich alle Seiten auf einen immanenten Wechsel einstellen und gemäß ihrer Interessenslage sich hier bereits in Stellung bringen.
Aber auch auf Seiten der Aufständischen, die mit deutlich mehr Empathie gezeichnet sind, kommt es zu Intrigen und Gegensätzlichkeiten. So wird speziell im Fall des Guerilleros Cienfuegos eine Intrige angedeutet. Dies ist jedoch der Punkt, an dem diese von Agustín Ferrer Casas praktizierte Technik der Verquickung von Realität und Fiktion in seiner Graphic Novel an eine methodische Grenze stößt. Denn da der tatsächliche Verbleib von Cienfuegos nach der Revolution historisch umstritten ist, erscheint diese freie Interpretation des Autors, Cienfuegos hätte versucht haben können, in die USA zu fliehen, als problematisch, da für den Lesenden nicht immer klar nachzuvollziehen ist, was nun Fiktion und was historische Realität war. Dies ist zumindest bei gewichtigen historischen Persönlichkeiten ethisch problematisch.
Nichtsdestotrotz, Arde Cuba ist eine durch und durch mit Spannung gefüllte Graphic Novel, nicht zuletzt auf Grund des künstlerischen Realismus, durch den der Autor seine Bücher prägt. Bis zur letzten Seite wird Spannung aufgebaut und der Lesende mitgenommen. Arde Cuba ist eine eindrucksvolle Geschichte über die Revolutionswirren und deren Hintergründe auf Cuba, stringent erzählt, mit einer in sich komplexen Handlung und genau gezeichneten Charakteren. In stilistischer und graphischer Hinsicht ist Arde Cuba dabei geprägt von einem sehr detailverliebten und realistischen Stil. Speziell die Zeichnungen der einzelnen Charaktere der Geschichte sind sehr eindrucksvoll gezeichnet. Diese in Spanien überaus erfolgreiche Graphic Novel erscheint mir daher auch für den deutschen Markt sehr gut geeignet und ich würde das Buch für eine Übersetzung umstandslos empfehlen.
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