Fariña (Kokain)
Autor: Nacho Carretero
Verlag: Libros del K.O.,Madrid, 2015. 368 Seiten
Genre: Sachbuch
Gutachterin: Anette Lang
Zusammenfassung des Gutachtens
Das in Spanien zum Kult avancierte Sachbuch „Fariña“ des galicischen Journalisten Nacho Carretero zeichnet minutiös die Entwicklung des Drogenschmuggels in Galicien in den 80er und 90er Jahren nach. Vergleichbar mit dem italienischen Mafia-Standardwerk „Gomorrha“, sollte „Fariña“ einen soliden Sachbuch-Leserkreis ansprechen.
Hintergrundinformationen
Nacho Carretero ist ein 1981 im galicischen O Coruña geborener Journalist. Mit „Fariña“ gelang ihm ein Bestseller, der bereits in der zehnten Auflage vorliegt. Zwischenzeitlich auf Verlangen des Ex-Bürgermeisters von O Grove, José Alfredo Bea Gondar, durch richterlichen Beschluss im Druck gestoppt, erlangte das Buch in Spanien erst recht Kult-Status als „verbotenes Buch“.
Die gleichnamige TV-Serie auf Antena 3 hat sich ebenfalls zu einem Publikumserfolg entwickelt.
Inhalt
In seinem Sachbuch „Fariña“ zeichnet der galicische Journalist Carretero die Entwicklung des Drogenhandels in der spanischen Provinz Galicien nach; er bietet eine umfassende Sicht von den Anfängen des Schmuggels über seine Blütezeit in den 80er und 90er Jahren bis heute.
In seiner sehr kleinteiligen Analyse erzählt Carretero die Geschichte des Schmuggels in Galicien zunächst vom Meer aus, denn mit fast 1500 km Küste war die lange Zeit bettelarme Provinz schon immer darauf angewiesen, was das Meer anzubieten hatte. Allerdings wollte oder konnte man sich dabei nicht auf das Fischen allein beschränken. Vor der zerklüfteten Costa da Morte, der sog. Todesküste, gab es seit dem Mittelalter rund 1000 registrierte Schiffsunglücke. Im 19. Jahrhundert nahm diese Zahl exponentiell zu, als vor allem englische Handelsschiffe von den Küstenbewohnern durch falsche Leuchtfeuer bewusst irregeführt wurden und dadurch an den Klippen zerschellten. Die an Land gespülten Waren wurden unter den Einwohnern verteilt.
Vor diesem Hintergrund führt der Journalist seinen Leser nun durch die Geschichte Galiciens, wo, wie Carretero ausführt, der Schmuggel unter der Bevölkerung als eine Arbeit wie jede andere betrachtet wurde. Zunächst über die Landesgrenze zu Portugal, später auch über das Meer, etablierten sich die respektierten Señores do fume, Zigarettenschmuggler mit einem weit gesponnenen Netz an Kontakten bis hinein in Politik und Polizei.
In den 80er Jahren orientierten sich diese Schmugglerringe dann hin zum einträglicheren Geschäft mit Haschisch und schließlich Kokain, das direkt aus Kolumbien geliefert wurde. Die Regierung in Madrid reagierte sehr lange kaum auf diese Machenschaften, zumal die Korruption direkt in die Hände der Schmuggelbanden spielte. Praktisch der gesamte Vorrat an Kokain in Europa fand in diesen Jahren seinen Weg auf den Kontinent über Galicien.
Erst im Jahr 1990 konnte mit der Operación Nécora unter dem noch jungen Richter Baltasar Garzón ein entscheidender Schlag gegen den galicischen Drogenhandel verübt werden, der damals schon beinahe mafiaähnliche Ausmaße erreicht hatte. Trotz der minutiösen, jahrelangen Investigationsarbeit der Operación Nécora konnte damit allerdings natürlich nicht der gesamte Drogenschmuggel in Galicien lahmgelegt werden. Wie Carretero abschließend ausführt, gibt es bis heute operierende Drogenkartelle in der galicischen Provinz, die weiterhin erfolgreich Geschäfte
machen, obwohl Präventionsmaßnahmen und groß angelegte Polizeiarbeit auf der politischen Agenda mittlerweile sehr ernst genommen werden.
Sprache/ Stil
Carretero bemüht sich trotz des großen Detailreichtums seiner Analyse um gute Lesbarkeit. Nach einem eher historisch gegliederten Ablauf der Ereignisse präsentiert der Journalist einzelne Schmuggelbosse und den Aufbau ihres Kartells in separaten Abschnitten.
Dabei legt er Wert darauf, auch den Charakter des jeweiligen Drogenbosses herauszuarbeiten, sodass der Leser sich ein Bild von der Person machen kann. Abgerundet werden diese Mini-Porträts durch Zitate aus Interviews oder aus dem Gericht, die häufig überraschend humorvoll sind. Inhaltlich wiederholt sich bei diesem Aufbau natürlich zwangsläufig die eine oder andere Information, was bei deren Fülle jedoch nicht unbedingt schadet.
Bewertung
„Fariña“ konnte in Spanien durch sein Thema, aber auch durch seine Vermarktung als „zensiertes Buch“, sowie durch die gleichnamige TV-Serie einen ähnlichen Kult-Status erreichen, wie man ihn in Italien im Fall des Mafia-Sachbuchs „Gomorrha“ des italienischen Journalisten Roberto Saviano beobachten konnte.
Während „Gomorrha“ jedoch auch in Deutschland ein Bestseller wurde, ist es eher unwahrscheinlich, dass sich „Fariña“ auf dem deutschen Markt ebenso gut verkaufen könnte. Das liegt einerseits daran, dass sich Deutschland und Italien historisch näher stehen als Deutschland und Spanien; andererseits wird der Drogenhandel in Galicien wohl eher als ein „iberisches Thema“ wahrgenommen werden. Sollten die legalen Querelen einmal beigelegt sein, könnte man sich allerdings überlegen, die deutsche Auflage mit Extra-Informationen zu unterfüttern, die nachzeichnen, wie das galicische Kokain anschließend seinen Weg nach Nord-Europa fand.
Aber auch in der vorliegenden Version sollte „Fariña“ allerdings schon einen soliden Stamm an Sachbuch-Lesern erreichen können.
Hinweis auf Übersetzungsmöglichkeiten
Durch den essayistischen Ton der Analyse sollte die Übersetzung keine größeren Schwierigkeiten bergen.
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