Homenaje a la Marquesa de Parabere (Hommage an die Marquesa de Parabere)
Herausgeberin: Déborah Albardonedo
Verlag: Planeta Gastro, 2019, 336 Seiten
Gutachterin: Susanne Viegener
Herausgeberin/Autoren
Herausgeberin ist die spanische Literaturagentin Déborah Albardonedo, Ehefrau des Schriftstellers Francisco Narla, der sie auf die Idee zu dieser Hommage in Form einer Rezeptsammlung brachte. Eigentliche Autorin der Rezepte ist jedoch María Mestayer de Echagüe, die selbsternannte Marquesa de Parabere (1887-1949), Gastronomin und Verfasserin der großen Enzyklopädie der spanischen Küche des 20. Jhd. Mit ihrem bis heute bekannten und vielfach neu aufgelegten kulinarischen Standardwerk La Cocina Completa war sie 1933 die erste, die eine Sammlung von Traditions- und Gourmet-Rezepten in Spanien veröffentlichte. Darüber hinaus gibt es weitere fünfzig Co-Autoren von Neuinterpretationen ihrer Rezepte: die großen Chefs der spanischen Avantgarde-Küche.
Inhalt und Struktur
Eigentlich hält man hier zwei Kochbücher in der Hand - einen Klassiker und seine Avantgarde-Entsprechung. Fünfzig Rezepte in jeweils zwei Versionen. Zwei Teile, seitenverkehrt gegeneinandergesetzt und von beiden Seiten lesbar. Teil I enthält die charakteristischen Traditionsrezepte der Marquesa, Teil II die neuen Kreationen von fünfzig renommierten spanischen Sterneköchen. Das Buch ist gleichzeitig Gegenüberstellung und Ergänzung. Hier trifft die Küche der Vergangenheit auf die Neue Spanische Küche, und zwar am Beispiel ein und desselben Rezepts. Jeder Teil hat sein eigenes Vorwort, seine kurze Einführung und sein Inhaltsverzeichnis. So schrieben Gonzalo und José Antonio Echagüe Mendez de Vigo, die Enkel der Marquesa de Parabere, das Vorwort für die klassische Rezeptsammlung ihrer Großmutter und Déborah Albardonedo, die Herausgeberin, jenes für die modernen Neuinterpretationen. Beide Teile sind wie ein klassisches Kochbuch gegliedert. Nach Suppen und Vorspeisen folgen Fisch- und Fleischgerichte, abschließend die Süßspeisen. Die bis auf wenige Zutaten- und Textanpassungen noch originalen Rezepte des klassischen Teils sind mit Fotos der Gerichte bebildert, so wie sie aus der Erinnerung der Enkel rekonstruiert wurden, die Anleitungen und kleinen Tipps der Marquesa mit nostalgischen Zeichnungen von Tieren, Kochutensilien oder Arbeitsanweisungen aus den Erstauflagen versehen. Der moderne Teil umfasst deutlich mehr Seiten, da die Zutatenlisten und Kochanleitungen der Neuen Spanischen Küche ungleich länger und aufwändiger sind als bei den Klassikern. Zudem illustrieren je ein Foto des Chefs und ein weiteres des fertigen Gerichts die einzelnen Rezepte. Die feine Hausfrauenküche von damals trifft hier auch stilistisch auf die kulinarische Moderne. So stehen die guten Ratschläge der Marquesa, wie lange z.B. eine Sauce mit dem Quirl aufgeschlagen werden sollte, damit sie die ideale Konsistenz erreicht, den präzisen Anleitungen zur Herstellung von Schäumen, knusprigen Segeln, Emulsionen und Alginatperlen der Molekularküche gegenüber. Unerlässliches Handwerkszeug: Thermomix, Roner und Turmix.
Sprache und Übersetzungsmöglichkeiten
Den klassischen Teil charakterisiert der charmant antiquierte, jedoch leicht verständliche Sprachgebrauch der Marquesa. Vielleicht heutzutage etwas unüblich, aber eine Besonderheit, die das Buch von üblichen Rezeptformulierungen unterscheidet. Hier wird dem Leser jedes Rezept wie eine Geschichte erzählt. Selbst Maße und Gewichtsangaben der Zutaten sind in Fließtext gehalten und mit ganz eigenen Formulierungen garniert, was die Lektüre zu einem sehr individuellen Erlebnis macht. Man fühlt sich, als würde einem die eigene Großmutter ihre Rezepte diktieren und das ist auch gut so, denn schließlich handelt es sich hier um eine Hommage an ein altes Werk. Es ist sicherlich eine kleine Herausforderung an den Übersetzer, den Stil der Autorin und die Sprache ihrer Zeit originalgetreu ins Deutsche zu übertragen, es macht aber bestimmt großen Spaß, dieses Buch zu übersetzen! Sprachlich schwieriger und weitaus technischer könnte es dann schon bei den Fachbegriffen und eigenwilligen Zutaten der Molekularküche werden, was etwas Einarbeitung in die Begrifflichkeiten erfordert, dann aber auch kein Problem mehr darstellen sollte.
Bewertung
Das Buch ist eine wirklich würdige Hommage und eine Verbeugung der großen spanischen Chefs vor dem Werk der Marquesa de Parabere. Ein schönes, hochwertig und klassisch in Leinen gebundenes Kochbuch mit Goldlettern auf dem Einband. Im Innern liebevoll mit Originalzeichnungen aus dem Werk der Marquesa und perfekt passenden Fotos illustriert und mit aufwändig dekorierten Hochglanz-Trennseiten zwischen beiden Buchteilen versehen. Außerdem ist es ein äußerst kreatives Werk und eine tolle Idee! Fünfzig ausgewählte Signature-Dishes der Marquesa, neu interpretiert von den besten spanischen Chefs im Jahr 2019. Ein kulinarisches Geschichtsbuch und seine Science-Fiction-Version. Beide Teile des Buchs sind gleichermaßen faszinierend, und der Vergleich erst. Da verpackt Elena Lucas das gefüllte Rebhuhn der Marquesa in fein garnierte Päckchen, Francis Paniego macht aus den Erbsen mit Schinken à la espanola einen Traum aus Schaum, Familie Arzak zaubert aus der Ente à l'Orange ein glasiertes Bonbon, Joan Roca zerlegt die klassische Gemüsebrühe in ihre raffinierten Bestandteile und so vieles mehr. Ein Spiel mit Konsistenzen, Dekonstruktionen und Kompositionen aus vielen kleinen Einzelgerichten, jenseits jeglicher Vorstellungskraft einer Marquesa de Parabere. Sie hätte ihren Augen nicht getraut, hätte sie ihre Gerichte derart interpretiert und mit innovativster Küchentechnik neu zubereitet gesehen. So zeigt dieses Buch, dass es möglich ist, dass der Phantasie in der Kulinarik keine Grenzen gesetzt sind, aber auch, dass die traditionelle und die moderne spanische Küche absolut gleichwertig nebeneinanderstehen und aufeinander aufbauen - jede für sich raffiniert und köstlich. Manchmal entscheidet man sich lieber für den Klassiker, manchmal ist die neue Variante überzeugender, oft sogar alle beide!
Dieses außergewöhnliche Kochbuch hält für jeden etwas bereit. Nicht nur die klassischen Gourmets finden sich hier wieder, sondern auch die passionierten Fans der Molekularküche. Es verführt und überrascht nicht nur die spanischen Leser, die die Marquesa schon kennen, sondern sollte in viele Sprachen übersetzt und international verkauft werden. Die Neue Spanische Küche genießt internationales Renomée. So ist die Gegenüberstellung von Tradition und Moderne natürlich auch für deutsche Leser ein spannendes Thema, bei dem wir uns an die alten Standardwerke von Dr. Oetker oder Graefe und Unzer erinnert fühlen. Darüber hinaus ist es ein Almanach für Profis. Die Kür der Avantgarde-Küche auf der Basis der Feinschmecker-Rezepte von anno dazumal. Freilich sind die modernen Rezepte für den Hobbykoch meist Theorie und faszinierende Fachliteratur, dafür kann er sich aber an den bewährten Traditionsrezepten der Marquesa austoben. Außerdem bekommt man viel Buch für sein Geld. Mit 29,95 € ist das Buch mit seiner hochwertigen Aufmachung und seinem aufwändig zusammengetragenen Inhalt fast ein Schnäppchen zu nennen.
Die Marquesa würde unglaublich stolz sein, wenn sie wüsste, dass fast ein Jahrhundert nach der Veröffentlichung ihres Standardwerks La Cocina Completa, die größten Köche des Landes ihre Rezepte auf diese Weise ehren. Fest steht: Die Marquesa de Parabere und ihre Zeitgenossen legten mit ihren Rezepten den Grundstein für die aktuelle Blütezeit der spanischen Küche. Und wenn die Marquesa damals noch nicht in aller Munde war, dann ist sie es spätestens jetzt mit dieser Hommage. Bitte dringend übersetzen!
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