Eine Piratengeschichte braucht ein Boot, eine Kapitänin, eine Mannschaft und die Suche nach einem Schatz. All diese klassischen Bestandteile finden sich in dem bezaubernden Bilderbuch La capitana Budell-buit i el mariner Ull de-falcó von Oriol Garcia Molsona und Illustrator Guridi wieder, aber darüber hinaus noch einiges mehr.
Der junge katalanische Autor Oriol Garcia Molsona hat in seiner Heimat erste Texte mit Erfolg veröffentlicht, doch in Deutschland ist er bisher noch unbekannt. Vom Illustrator Raúl Guridi, dessen Bilder eine eigene, wiedererkennbare Handschrift tragen, wurden dagegen einige wenige Bücher veröffentlicht, u.a. zuletzt das von ihm gestaltete Der Tag, an dem ich ein Vogel wurde der französischen Autorin Ingrid Chabbert, das im März 2022 bei Diogenes erschien.
La capitana Budell-buit i el mariner Ull de-falcó erzählt, wie der Titel (Dt. „Die Kapitänin Riesenhunger und der Seemann Falkenauge“) unschwer verrät, eine Piratengeschichte. Berichtet wird von einer Schatzkarte, die eines Tages per Flaschenpost angespült wird, und den Abenteuern, die die furchtlose Kapitänin und ihr unerschrockener Matrose daraufhin erleben. Das Bezaubernde an diesem Bilderbuch ist das Zusammenspiel von Text und Illustration, denn während der Text die Fiktion nur an wenigen Stellen humorvoll bricht, zeigen die Bilder, worum es eigentlich geht:
In La capitana Budell-buit i el mariner Ull de-falcó spielen zwei Geschwister, sie seien Piraten. Alles, was sie dafür benötigen, ist ein großer Karton, ein Besenstiel und eine Tischdecke – fertig ist das Piratenschiff. Mit viel Fantasie steigen Lola und ihr kleiner Bruder Aurelio ein und erleben auf der Suche nach dem Schatz mehrere Abenteuer, verschmierte Schokokekse in der Hosentasche inklusive: Ein Sturm erfasst das Schiff und die Kapitänin geht über Bord. Nur der wagemutige Einsatz des tapferen Matrosen kann sie vor dem Ertrinken retten. Als die beiden nach der Reparatur ihres Schiffes weitersegeln, landen sie unverhofft bei der Wäscheleine, wo ein sonderbares Geräusch auf die Gegenwart eines wilden Tieres schließen lässt. Als die Laken von der Leine fallen und die beiden zu Gespenstern werden lassen, erschrickt jedoch die vermeintliche Bestie, die sich bei genauerer Betrachtung als rote Wäscheklammer entpuppt. Rasch wird die Klammer ins Spiel einbezogen: Als roter Papagei lässt sie sich auf der Schulter der Kapitänin nieder und begleitet die beiden auf der weiteren Schatzsuche.
Unbeirrt segeln die drei Gefährten weiter, bis sie schließlich in der Küche landen. Dort finden sie einen köstlichen Schokoladenkuchen, den Lola und Aurelio im Handumdrehen verspeisen und von dem nur noch ihre schokoladenverschmierten Gesichter zeugen, als die Mutter nach Hause kommt.
Die Texte sind altersgemäß kurz und schnell zugänglich, da die klassischen Topoi von Piratengeschichten gezielt bedient werden. Im Zusammenspiel mit den anschaulichen, farbenfrohen Illustrationen erhalten sie einen doppelten Boden und erzählen über das Piratenspiel hinaus von der Beziehung der beiden Geschwister.
Das reizende Bilderbuch feiert die kindliche Fantasie in Text und Bild. Es nimmt die beiden Protagonisten in ihrem Spiel absolut ernst und macht zugleich humorvoll und augenzwinkernd klar, dass das wahre Abenteuer hier im Spiel der Kinder liegt.
Das Zusammenspiel des eingängigen Textes mit den kindgerechten Illustrationen bietet reichlich Gesprächsanlässe und lädt Vorlesende und Kinder zum gemeinsamen Erkunden des fantasievollen Spiels der beiden Kinder ein. In Zeiten, in denen schon ganz junge Kinder einer enormen Waren- und Bilderflut ausgesetzt sind, setzt diese Hommage an die kindliche Kreativität einen wohltuenden Kontrapunkt: Denn Kinder brauchen nicht viel, um in die spannendsten Abenteuer einzutauchen. Wie schön, wenn Erwachsene und Kinder auf so liebevolle und witzige Weise daran erinnert werden.
Fazit: Mit La capitana Budell-buit i el mariner Ull de-falcó ist Oriol Garcia Molsona und Guridi ein entzückendes Bilderbuch gelungen, das unbedingt das Potenzial hat, auch deutsche (Vor‑)Leserherzen im Sturm zu erobern.
Es ist zur Übersetzung ins Deutsche sehr zu empfehlen.
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