Autor: José Antonio Fideu
Verlag: Planeta, Barcelona, 2016, 491 Seiten
Genre: Roman
Gutachterin: Sabine Giersberg
Hinter dem eher langweilig daherkommenden Titel des 1972 in Albacete geborenen Schriftstellers und Comicdrehbuchautors Fideu verbirgt sich ein origineller, phantasievoller Zauberroman, der kurzweilige Unterhaltung für jugendliche und erwachsene Leser garantiert. Ganz in klassischer Manier kann der Leser in 41 prall gefüllten Kapiteln und einem Epilog, deren Inhalt in den Überschriften zusammengefasst ist, den spannenden Abenteuern des jungen Aurelius in einer magischen Welt folgen, in der ihm reale Persönlichkeiten wie Hans Christian Andersen, Nikola Tesla oder der Zauberer Houdin ebenso begegnen wie Wesen der Feen- und Märchenwelt oder der Gothic Novel.
Wir schreiben das Jahr 1871 in London. Der junge Aurelius Wyltt verdingt sich im einfachen Gasthaus seiner armen Adoptiveltern, als er eines schönen Wintertages stürzt und direkt vor dem Werbeplakat des Zauberers Houdin landet (nicht zu verwechseln mit dem Eskapisten Harry Houdini!), den es tatsächlich gegeben hat. Er besticht den Bühnenarbeiter MacQuoid, einen trunksüchtigen Kriegsveteranen, ihm einen Blick hinter die Kulissen des Theaters zu gewähren. Als er die kleine Fee in der Glasamphore gewahrt und Houdin persönlich kennen lernt ist es um ihn geschehen: Er will Zauberlehrling werden. Der Wunsch verstärkt sich, als ihn die Trauer über den frühen Tuberkulosetod seiner Mutter aufzufressen droht. Er liest alles, was er über das Thema Feen Zauberei finden kann.
Als Houdin wenige Jahre später nach London zurückkehrt und ihn zu seinem Erben erklärt, scheint das Glück perfekt, wäre da nicht eine böse Macht, die alles vereitelt. Aurelius wacht in einer völlig anderen Realität auf, in der MacQuoid ein seriöser Ladenbesitzer mit intakter Familie ist. Das Theatergebäude existiert nicht mehr, und Aurelius stellt fest, dass Houdin schon längst gestorben war, bevor er ihn kennen gelernt hat. Er beginnt an seinem Verstand zu zweifeln, ahnt aber, dass er Teil von etwas Übersinnlichem ist.
Schon bald beziehen ein seltsamer Zwerg namens Kaliban und die rote Baronin Zimmer im Gasthaus. Zeitgleich taucht ein seltsamer feiner Herr namens Telesio auf —die menschliche Inkarnation der bösen Macht mit den unzähligen Namen, auch genannt der Feenjäger— und lädt ihn ein, in seinem Haus eine Zaubervorführung zu geben. Aurelius findet sich zu abendlicher in einem seltsamen Haus mit feinen Herren wieder, die sich hedonistischen Freuden hingeben. Als er einem Lichtschein unter einer Tür folgt, begegnet er erneut der kleinen Fee, diesmal in ausgewachsener Mädchengestalt. Ihr Name ist Miranda. Die beiden werden ein Liebespaar. Wenig später schwört er ihr ewige Treuer und will sie aus der vermeintlichen Gefangenschaft retten.
Ab da überschlagen sich die Ereignisse. Der Feenjäger ist in das Gasthaus eingedrungen und liefert isch einen erbitterten Kampf mit dem Zwerg, der dabei schwer verletzt wird. Die Baronin verwandelt sich plötzlich in einen Werwolf überwältigt den Angreifer, der ohne Kopf flieht. Auf seiner Flucht schneidet er noch Aurelius bestem Freund Connor die Kehle durch. Das Haus brennt lichterloh.
Das Trio flüchtet zunächst zu Hans-Mein-Igel, um zu der magischen Eibe zu gelangen, die als einzige den schwerverletzten Kaliban retten kann, doch dafür verlangt der magische Baum in seiner Verbitterung einen hohen Preis. Aurelius erfährt, wie die rote Baronin mit Namen Gabrielle (eine Anleihe bei Rotkäppchen) zum Werwolf wurde und was es mit dem Feenjäger auf sich hat.
Kaliban wird zu seinem Lehrmeister und er geht mit den beiden auf große Reise, begegnet Sindbad, geheimnisvollen Inseln, die auftauchen und verschwinden, und einem Drachen, der feindliche Schiffe vernichtet. Man klärt ihn auf, dass es verschiedene parallele Universen gibt, die miteinander in Verbindung treten können. Aufgabe des Feenjägers ist es, Spuren dieser Verbindungen unkenntlich zu machen und sämtliche Magier zu töten, die über Wesen und Kräfte wachen, kurz: die Magie zu vernichten. Die Magier wachen auch über Wesen wie ungeborene Drachen oder den "Kraken", die ohne diese schützende Hand großes Vernichtungspotential hätten.
Sie reisen nach Deutschland, Wien, Russland, China, Nepal, Japan. Im Avalon Club lernt Aurelius schließlich Hans Christian Anderson kennen, der ihm erklärt, dass seine Märchensammlung eine Art Friedhof ist, in dem die magischen Wesen aus der Realität in die Fiktion, zwischen Buchdeckel, verbannt wurden. Er hört, dass sich die Kraft des Bösen mehr und mehr potenziert und dass die Verbindungen zu Arkadien immer seltener Werden — eine fatale Entwicklung.
Gleichzeitig entdeckt Aurelius seine Fähigkeit, einem Trick Houdins folgend, durch das Aufzeichnen einer Tür an einer Wand in andere Realitäten vordringen zu können, mit Houdins Schlüssel sogar nach Arkadien.
Als man ihn als Novizen zur seiner Initiation zum Konzil der Magier bringt, lernt er dort den verrückten Gepetto kennen, Pinocchios Vater, der das Ende von allem sehen kann, die Apokalypse, in der sich die Tyrannei des Realen durchsetzt und die magischen Kräfte verschwinden.Aurelius will die ihm geschenkten Kräfte nutzen und sagt dem Bösen den Kampf an, auch wenn das den Verlust Mirandas bedeutet Es kommt zu einem blutrünstigen Showdown, nachdem er beschließt sein Leben endgültig seiner Bestimmung zu weihen. Am Ende der temporeichen Erzählung wird der Feenjäger durch den "Kraken" in die Unterwelt Arkadiens gezogen und Aurelius erkennt seine wahre Mission.
Fideus Roman ist mehr als nur spannende Fantasy-Unterhaltung vom Fließband. Es ist eine gut geschriebene Story mit einer ordentlichen Prise an Action, Schauer und Romantik, in der einem wohlbekannte Gestalten —teils in Verkleidung— wieder begegnen, mit literarischen Anklängen (u.a. Shakespeares Sturm) und vor allem einer Botschaft: Wollen wir tatsächlich in einer zunehmend entzauberten Welt leben, in der allein das Faktische (oder inzwischen gar das Post-Faktische) zählt? Noch haben wir den Schlüssel, der uns nach Arkadien führen kann. Eine tröstliche Botschaft wie ich finde.
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