Yokai
Autoren: Carmen Chica (Text) Manuel Marsol (Illustrationen
Verlag: Fulgencio Pimentel, Logroño 2017, 56 Seiten
Genre: Bilderbuch
Gutachterin: Silke Kleemann
Zusammenfassung
Es beginnt ganz bilderbuchtypisch mit einem roten Laster, der über einen Berg fährt. Doch dann wird alles anders - eine abenteuerliche und mysteriöse Anverwandlung zwischen Mensch und Natur, bei der der Berg lebendig wird.
Hintergrundinformation
Manuel Marsol (Martínez Soler) wurde 1984 in Madrid geboren und lebt dort auch heute noch. Seine Illustrationen wurden mehrfach auf der Kinder- und Jugendbuchmesse in Bologna und im Catálogo Iberoamericano de Ilustración ausgestellt, die Entwürfe für dieses Bilderbuch wurden in Bologna 2017 mit dem International Award for Illustration ausgezeichnet, einem der wichtigsten Preise für Illustratoren; der Jury gehörte u.a. Rotraut Susanne Berner an.
Yõkai ist sein zweites gemeinsames Buch mit der Madrider Autorin und Werbegrafikerin Carmen Chica (Carmen Ruiz Ballester, *1985, Murcia), auch El libro del gigante erschien erfolgreich bei Fulgencio Pimentel.
Yõkai wurde schon ins Französische übersetzt und erschien 2018 unter dem Titel La Montagne bei Les Formis Rouges.
Inhalt
Ein Lastwagenfahrer fährt mit seinem roten Laster jeden Tag über denselben Berg. Doch an diesem Tag ist etwas anders: Er verspürt ein gewisses Bedürfnis, sucht sich ein stilles Plätzchen im Wald - und findet anschließend nicht mehr den Weg zurück zur Straße. Den ganzen Tag irrt er durch die Wildnis, doch ist er wirklich allein? Er hat schöne und erschreckende Begegnungen und verwandelt sich allmählich selbst in einen Teil von Berg und Natur, was Manuel Marsol in betörenden und symbolreichen Bildern festhält. Eine schwarze schemenhafte Figur, die immer wieder auftaucht, könnte einen Yõkai darstellen - das wird aber nirgends, auch im Klappentext nicht, thematisiert. Yõkai sind im japanischen Volksglauben Naturgeister, die auch die Form von Tieren annehmen können. Nach dem Prozess des Anfreundens und Aneignens folgt zum Schluss die Rückverwandlung zum Lastwagenfahrer. Der kann, ganz zu recht, nur denken: Wie merkwürdig!
Bewertung
Das Bilderbuch von Manuel Marsol und Carmen Chica kommt mit wenigen, aber sehr gut und treffend platzierten Worten aus, die einen knappen Erlebnisrahmen vorgeben. Die eigentliche Geschichte entfaltet sich dann in den Bildern, und im Grunde genommen gibt es gar keine fixe Geschichte. Die Erlebnisse des Lasterfahrers im Wald sind mysteriös und phantastisch, letztlich kann sich jeder dazu eine eigene Geschichte erzählen. Über weite Strecken gibt es keinen Text mehr auf den Seiten, der die Deutung in die eine oder andere Richtung lenken könnte.
Teils haben die Bilder auf mich fast unheimlich gewirkt, in der Art, wie Farben und Formen ineinanderfließen, und vor allem, als der Lasterfahrer selber zu einem großen roten Fabelwesen wird. Andererseits ist die große Freiheit, die dem Betrachter überlassen wird, äußerst reizvoll, durch die verschiedenen möglichen Lesarten wird auf jeden Fall auch das eigene Unbewusste angesprochen und auf traumgleiche Art aktiviert.
Marsols Bilder sind verdientermaßen wiederholt ausgezeichnet worden - sie haben eine ganz eigene und gewagte Bildsprache, und auch die Art des Erzählens hebt sich angenehm von üblichen Bilderbüchern ab. Ich möchte diesen Titel daher zur Übersetzung empfehlen, und man sollte sich auch den Vorgänger El tiempo del gigante anschauen sowie weitere frühere Arbeiten von Manuel Marsol, wie z.B. Ahab y la Ballena Blanca (hier schon 2015 besprochen).
Hinweis auf Übersetzungsmöglichkeiten
Die Übersetzung wäre problemlos möglich. Ich würde allerdings vorschlagen, den Begriff Yõkai im Klappentext kurz einzuordnen, oder wie bei der französischen Ausgabe einen völlig davon losgelösten Titel zu verwenden.
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