Zusammenfassung
Maddi y las fronteras ist ein packender Roman über eine außergewöhnliche Frau, die sich den Zwängen ihrer Zeit widersetzt. Edurne Portela füllt sehr überlegt die Lücken, die nach dem Studium von Dokumenten und Aussagen von Zeitzeugen geblieben sind, und gibt der historischen Figur eine glaubwürdige Stimme. Sie schafft damit ein bewegendes Zeugnis des antifaschistischen Widerstands.
Hintergrundinformationen
Edurne Portela Camino (1974, Santurce, Baskenland) ist promovierte Literaturwissenschaftlerin und war bis 2015 als Professorin für Literatur an der Lehigh University (Pennsylvania) tätig. Im Rahmen ihrer akademischen Forschung hat sie mehrere Artikel und den Essay Displaced Memories: The Poetics of Trauma in Argentine Women Writers veröffentlicht. 2016 erschien ihr Essay El eco de los disparos: Cultura y memoria de la violencia über die Gewaltvergangenheit des Baskenlands. Ihr erster Roman, Mejor la ausencia, spielt im postindustriellen Baskenland der 80er Jahre und erschien 2017 im Verlag Galaxia Gutenberg, einem unabhängigen Verlag für Belletristik und Sachbuch mit Sitz in Barcelona. Mejor la ausencia erhielt 2018 den Preis für das beste Buch des Jahres in der Sparte Belletristik des Gremio de librerías de Madrid. Ihr zweiter Roman, Formas de estar lejos, erschien 2019. Für ihren 2021 erschienenen Roman Los ojos cerrados wurde sie mit dem Premio Euskadi de Literatura en castellano und dem Premio Estado Crítico ausgezeichnet. Edurne Portela schreibt regelmäßig für verschiedene spanische Zeitungen und drehte 2017 zusammen mit José Ovejero den Dokumentarfilm Vida y ficción, der im Dialog mit zeitgenössischen spanischen Schriftstellern über Sinn und Wesen der Schriftstellerei reflektiert.
Inhalt
Maddi y las fronteras ist ein Roman, der auf historischen Dokumenten und Daten über die 1895 im Baskenland geborene María Josefa Sansberro, kurz Maddi, aufbaut. Die Biografie von Maddi ist für eine Frau der damaligen Zeit höchst ungewöhnlich: Als junges Mädchen verlässt sie den elterlichen Hof, um ihr eigenes Geld zu verdienen, sie geht eine Zweckehe ein und lässt sich 1928 scheiden, auch eine Abtreibung wird angedeutet. Im Buch erscheinen diese Tatsachen aber nur als Erinnerungen, die Geschichte setzt erst in den 30er Jahren ein, als Maddi gemeinsam mit einem Bekannten die Leitung eines Hotels an der französischen Grenze übernimmt. Es ist die Zeit des spanischen Bürgerkriegs, und Maddi unterstützt die Seite der Republikaner, Kommunisten und Anarchisten, indem sie erst Waren, schließlich auch Geflohene und Informationen über die Grenze schmuggelt. Was als Warenschmuggel beginnt, wird zum aktiven politischen Widerstand, und als der zweite Weltkrieg ausbricht und die Nazis ihr Hotel beschlagnahmen, erhält Maddi ihre Aufträge direkt von der französischen Résistance – während sie unter ihrem Dach die deutschen Besatzer bewirten muss. 1944 wird sie von einer bis heute unbekannten Person verraten und von der Gestapo festgenommen. Sie wird, wie der Rest der Mitglieder ihres Netzwerks, in dem sie den Rang des Leutnant und Agentin P2 erreicht, deportiert: erst nach Dachau, dann nach Ravensbrück. Sie findet ihr tragisches Ende im November 1944 in Sachsenhausen.
Sprache/ Stil
Edurne Portela lässt die historische Figur Maddi in der ersten Person sprechen. Sie gibt der Protagonistin wie den übrigen Figuren authentische Stimmen und berücksichtigt dabei, dass eine schulisch nicht gebildete Frau aus einem Caserío der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts keine poetischen Höhenflüge unternimmt. Der Stil ist dementsprechend mündlich, gespickt mit heute teilweise archaischen Ausdrücken und Redewendungen, man hört hier eine resolute Baskin des beginnenden 20. Jahrhunderts sprechen. Die Gedanken und Beschreibungen Maddis behalten diesen Ton durchweg bei, manche ihrer Bemerkungen sind dabei auf rustikale Weise tiefgründig.
Bewertung
Die politische Aktivität von Maddi ist für ihr Geschlecht, ihre soziale Klasse und ihr Bildungsniveau ebenso ungewöhnlich wie ihr Privatleben: Sie ist sehr katholisch, ihr wird aber als Geschiedene die Kommunion verweigert. Sie entscheidet sich gegen die Mutterschaft, erkennt aber ein in ihrem Hotel geborenes Kind mysteriöser Herkunft als Sohn an. Sie sieht sich immer wieder der Missbilligung der Dorfbewohner ausgesetzt, vor allem, als sie beginnt, Naziführungspersönlichkeiten in ihrem Hotel zu „beherbergen“, dabei lässt sie sich aber nie anmerken, in Wirklichkeit für die Gegenseite zu arbeiten. Aus diesen Konflikten entsteht, zusätzlich zu der ohnehin haarsträubenden Geschichte ihrer Arbeit im Widerstand, starkes Romanmaterial, und Edurne Portela nutzt es weise und mit viel Respekt gegenüber den wahren historischen Figuren.
Übersetzungsmöglichkeiten
Maddi y las fronteras ist eine empfehlenswerte Kombination von Fiktion und historischen Tatsachen aus einer Gegend und Lebenswelt, die innerhalb der Literatur über den zweiten Weltkrieg einen ganz eigenen Platz einnehmen. Damit lässt sich das Buch einerseits als gut recherchierter, spannender historischer Roman lesen, er ist aber auch Teil der geschichtlichen Erinnerung und eine Hommage an eine zu Unrecht vergessene Frau. Die Rechte an dem Roman wurden bisher an den französischen Verlag Liana Levi und an Voland Edizioni in Italien verkauft.
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